In großer Sorge um die Menschen im Nahen Osten
Die Evangelische Kirche im Rheinland (EKiR) ist in großer Sorge um die Menschen im Nahen Osten. Sie nimmt entsetzt die katastrophale humanitäre Lage in Gaza wahr. Mit der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und anderen Kirchen stellt sie sich hinter die Forderung, dass schnell und ausreichend Nahrung, sauberes Trinkwasser und medizinische Hilfsgüter zu den notleidenden Menschen gelangen. Die Zivilbevölkerung und medizinische Einrichtungen dürfen nicht das Ziel von Angriffen sein. Die Evangelische Kirche im Rheinland setzt sich ein für die Wahrung der Würde und der Menschenrechte aller Menschen in Israel und Palästina. Sie betet für alle, die unter der Gewalt leiden, und für Frieden in der Region.
Die Evangelische Kirche im Rheinland positioniert sich kritisch zur Verlautbarung des Zentralkomitees des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) zu Israel und Palästina. Präses Dr. Thorsten Latzel: „Wir unterstützen das Anliegen des ÖRK, beizutragen zu einem gerechten Frieden, der auf den Menschenrechten und dem Völkerrecht gründet. Wir begrüßen die Bekräftigung des ÖRK, gegen jede Form von Antisemitismus und Rassismus einzutreten. Die ÖRK-Erklärung stellt jedoch die Situation im Nahen Osten verkürzt und undifferenziert dar.“ So verschweigt die Erklärung die massiven Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen, die die Hamas verübt hat und nach wie vor verübt. Immer noch befinden sich israelische Geiseln in den Händen der Terroristen. Die Erklärung verschweigt die existenzielle Bedrohung, der sich der Staat Israel ausgesetzt sieht und die sich u. a. in regelmäßigem Raketenbeschuss und im Atomwaffenprogramm des Iran manifestiert. Und sie verschweigt die Aktivitäten autonomer palästinensischer Milizen in den Flüchtlingslagern, die auch eine Bedrohung auch für palästinensische Zivilisten darstellen.
Die Evangelische Kirche im Rheinland benennt das Unrecht, das Leiden und die Menschenrechtsverletzungen durch die fortgesetzte Besatzung des Westjordanlandes und den Krieg in Gaza. Sie widerspricht aber der Behauptung, dies sei auf ein „System der Apartheid“ zurückzuführen, das Israel den Palästinensern auferlege. Der Begriff „Apartheid“ wird der Komplexität der Situation im Westjordanland und in Gaza nicht gerecht. Auch der Vorwurf des Völkermords trifft nicht zu.
Die EKiR schließt sich dem dringenden Appell der Hilfsorganisationen an, dass das humanitäre Völkerrecht von beiden Seiten eingehalten werden muss. Die EKiR verurteilt die Blockade der Einfuhr von Hilfsgütern, Angriffe auf zivile Helfer/innen und Journalist/innen und den Beschuss von Krankenhäusern. Nach dem, was aus Medienberichten bekannt wird, ist sowohl die Instrumentalisierung der Zivilbevölkerung durch die Hamas zu kritisieren als auch die Art und Weise, wie die israelische Armee ihre militärische Überlegenheit zur Geltung bringt. Präses Dr. Thorsten Latzel: „Es braucht ein Ende der Gewalt, der Zerstörungen und Vertreibungen. Leidtragende sind immer die Menschen.“
Die Landessynode der EKiR hat sich 2016 in ihrem Beschluss „Schritte auf dem Weg zu Gerechtigkeit und Frieden in Israel und Palästina“ zu der völkerrechtlich verbindlichen Beschlusslage bekannt und gefordert, dass „ein in Sicherheit lebender Staat Israel und ein palästinensischer Staat nebeneinander in Frieden und Sicherheit und gegenseitiger Anerkennung ihrer staatlichen Souveränität und Integrität bestehen sollen“. 2021 hat sich die Kirchenleitung der EKiR in den „Leitgedanken und Thesen zu Israel und Palästina“ hinter die Forderung einer „Beendigung des fortgesetzten Siedlungsbaus und konkreter Bemühungen um ein Ende der Besatzung“ gestellt. Vor dem Hintergrund aktueller Medienberichte schließt das die Forderung ein, dass die Unterstützung von militanten israelischen Siedlern durch die gegenwärtige Regierung, inklusive der Nichtahndung von Straftaten, ein Ende haben muss.
Die EKiR hört den Ruf und teilt die Bitte der christlichen Geschwister im Nahen Osten um Gebet und Solidarität. Sie fördert seit vielen Jahren Organisationen und Initiativen in Israel und Palästina, die sich für Dialog, Versöhnung und Frieden einsetzen. Und sie unterstützt kontinuierlich die Kirchen im Heiligen Land, zuletzt durch Spenden für die Bildungsarbeit der Evangelisch-Lutherischen Kirche des Heiligen Landes und für das Krankenhaus der Anglikanischen Diözese Jerusalems in Gaza.
Die von der EKiR mitverantwortete Arbeitshilfe zum Israel-Sonntag am 24. August 2025 enthält eine Erklärung des Internationalen Rates der Christen und Juden (ICCJ) zur Vertiefung der interreligiösen Beziehungen, in der die Sehnsucht nach dem Tag zum Ausdruck kommt, „an dem der Friede anbricht und sowohl Palästinenser als auch Israelis, Christen, Muslime und Juden in Frieden und Sicherheit leben können“. Oberkirchenrätin Dr. Wibke Janssen, Leiterin der Abteilung 1 – Theologie und Ökumene – im Landeskirchenamt, fordert in diesem Kontext auch, dass der Ökumenische Rat der Kirchen sich in Zukunft verstärkt um Begegnungen und Gespräche mit jüdischen Organisationen (z. B. International Jewish Commitee for Interreligous Consultations, IJCIC) bemüht und den christlich-jüdischen Dialog engagiert und fortlaufend führt. In der erwähnten Erklärung des ICCJ heißt es: „Der Dialog ist wichtiger denn je. … Wo immer wir leben und unter welchen Umständen auch immer, wir verpflichten uns, ein Segen füreinander und damit für die Welt zu sein.“