„Ökumenisch sensibel Abendmahl und Eucharistie feiern“
Fast 60 interessierte Personen waren am Montag Abend, 12.06.2023, in das Evangelische Gemeindehaus Remagen gekommen, um Frau Prof. Dr. Dorothea Sattler zu hören zu dem nach wie vor zentralen Thema: Wie können wir ökumenisch sensibel Eucharistie und Abendmahl feiern?
Pfr.i.R. Dr. Udo Grub begrüßte die Referentin und das zahlreich erschienene Publikum. Elke Grub stellte die Referentin vor: Frau Dr. Sattler ist Professorin an der Katholisch Theologischen Fakultät der Universität Münster und ist Direktorin des dortigen Ökumenischen Institutes. Sie ist Beraterin der Deutschen Bischofskonferenz und arbeitet eng mit Bischof Georg Bätzing. Vorsitzender der Bischofskonferenz, zusammen.
Die Referentin begann ihre Ausführungen mit zwei Bildern, die sie vervielfältigt an die Anwesenden verteilte: Den Reformationsaltar von Lukas Cranach in der Wittenberger Stadtkirche und einen Holzschnitt des Künstlers Thomas Zacharias zum Thema Abendmahl. Anhand dieser Bilder stellte sie heraus: die Darstellung Jesu am Kreuz, seine Auferstehung bereits andeutend. Dies ist es, was wir im Abendmahl/Eucharistie feiern: die Wende vom Tod zum Leben. Das Zeichen dafür ist das gebrochene Brot, erinnernd an den gebrochenen Leib Jesu Christi. Das zeigt besonders deutlich das Bild von Thomas Zacharias zum Abendmahl: Jesus Christus als Lamm Gottes, das sich zur Erlösung der Menschheit opfert, sich tief niederbeugend, um der um den Tisch versammelten Jüngerschar die Füße zu waschen. Die Fußwaschung deutet im Zusammenhang von Abendmahl/Eucharistie auf die dienende Haltung Jesu Christi hin: Verbindung von Eucharistie und Diakonie.
Das Altarbild von Lukas Cranach zeigt den gekreuzigten Jesus Christus auf dem unteren Flügelbild, im mittleren Flügelbild als geopfertes Lamm für die um den Tisch versammelte Abendmahlsgemeinde, es zeigt auf dem linken Flügelbild eine Taufhandlung: Taufe als Grundlegung für die Teilnahme an Abendmahl/Eucharistie und auf dem rechten Flügelbild die Beichte als Voraussetzung für den Abenmahlsempfang.
Mit diesen Bildern verdeutlichte Frau Dr. Sattler die theologische Grundbedeutung von Abendmahl/Eucharistie. Sie stellte die Taufe als sakramentales Bild der Einheit heraus und als Grundvoraussetzung für die Teilnahme am Abendmahl/Eucharistie auch heute. Vereinfacht gesagt: Nur wer getauft ist, darf auch am Abendmahl/Eucharistie teilnehmen. An die evangelischen Christen stellte sie die kritische Frage, ob denn diese Grundvoraussetzung der Taufe immer auch beachtet und eingehalten werde.
Dorothea Sattler ging auch auf die unterschiedlichen historischen Deutungen ein: die römisch-katholische Transsubstantiationslehre, die mehr pneumatologische Deutung der orthodoxen Christenheit, die lutherische Anschauung der Präsenz Christi „in, mit und unter“ den Elementen Brot und Wein, die Gegenwart Jesu Christi durch und mit dem heiligen Geist bei Johannes Calvin und die die mehr symbolisch-zeichenhafte Deutung des Schweizer Reformators Zwingli. Sie erklärte die zeitgebundene Bedeutung dieser verschiedenen Versuche, die Gegenwart Jesu Christi in Brot und Wein zu erklären.
Darüberhinausgehend führte sie aus, dass es heute darum gehe, mit den Worten von heute und in den Vorstellungen der Menschen von heute gemeinsam zu sagen, was diese historischen Deutungsversuchen sagen wollten: das Geheimnis der Anwesenheit Jesu Christi in Brot und Wein. Dorothea Sattler fragte: Was kann heute der gemeinsame Deutungsrahmen dafür sein? Was kann die Menschen von heute davon überzeugen?
Sie fand eine mögliche Antwort im gebrochenen Brot, im gebrochenen Leib Christi, für uns Menschen dahingegeben, in der diakonischen Zeichenhandlung der Fußwaschung, sichtbar im Abendmahlsbild von Thomas Zacharias: Wie Jesus Christus sind wir einander Dienende und als solche in die Welt und unter die Menschen von heute gesandt.
Dorothea Sattler ging auch auf die Frage eine: Wer leitet die Eucharistische Feier, wer ist dazu befugt? Sie legte Wert darauf, dass eine ordinierte Person dazu beauftragt sein muss. Hier zeigen sich durchaus Differenzen: Katholischerseits ist die Priesterweihe unabdingbare Voraussetzung, evangelischerseits in der Regel die Ordination, die aber auch die Ordination von Frauen zum geistlichen Amt beinhaltet.
Die Referentin benannte weitere kritische Punkte: den sorgsamen Umgang mit den Elementen Brot und Wein, nach Abschluss einer Abendmahlsfeier, – die Frage: Kelch für alle? – Berücksichtigung von hygienischen Erwägungen.
Für das praktische Miteinander empfahl die Referentin: voneinander lernen, einander erzählen: wie feiern wir? Warum machen wir das so? Fragen: was meint ihr mit dieser liturgischen Besonderheit? Was bedeutet für Euch das Gebet für die Verstorbenen in der Feier der Eucharistie? Auf diesem Weg einander näher kommen und vielleicht sich auch von der jeweils anderen Seite anregen lassen, die eigene Praxis zu reflektieren, zu prüfen und gegebenenfalls auch zu ändern.
Das Publikum bedachte diese Ausführungen mit langanhaltendem Beifall. Pastorin Johanna Karcher leitete dann über zu der Gesprächsrunde und moderierte die Fragen und Einwände aus dem Publikum.
In der Diskussion wurde teilweise kontrovers, teilweise übereinstimmend herausgestellt: Jesus Christus ist der Einladende, nicht die der Eucharistie vorstehende Amtsperson. Das müsse das Kriterium sein, wenn heute zu Abendmahl/Eucharistie eingeladen wird. Prof. Dr. Sattler bestätigte dies mit ihrem deutlichen Hinweis auf das gebrochene Brot, auf den gebrochenen Leib Jesu Christi.
Gefragt wurde auch nach der Rolle der Frauen im Neuen Testament, in der Jüngerschar von Jesus, und in der Apostelgeschichte des Lukas, die berichtet, dass Frauen frühe christliche Gemeinden leiteten.
Ausgehend von der Beobachtung, dass der Abschlussgottesdienst beim evangelischen Kirchentag in Nürnberg im Gegensatz zu früheren Kirchentagen keine Abendmahlsfeier enthielt, empfahl Frau Dr. Sattler den evangelischen Christen, häufiger Abendmahl zu feiern. So, dass im Umkreis einer Kirchengemeinde mit mehreren Kirchen an jedem Sontag in einer der Kirchen zum Abendmahl eingeladen werde.
Aber sie verwies auch auf die Möglichkeit von Abendmahlsfeiern in kleineren Kreisen in Hausgemeinschaften. Das fand viel Zustimmung.
Über die theologische Grundlegung hinaus schlossen sich weiterführende praktisch – liturgische Überlegungen und Anregungen an. Diese werden wir vor Ort gewiss weiter reflektieren und gerne aufgreifen.
Pastorin Johanna Karcher und Pfr. Dr. Udo Grub dankten der Referentin, was das Publikum noch einmal mit lebhaftem Beifall unterstützte. Einen Weltladen-Warenkorb überreichte Elke Grub als Dank an die Referentin.
Udo Grub beschloss den Abend mit einem Segenslied vom Nürnberger Kirchentag: „Du, Gott, segne uns! Gott segne unsere Zeit!“.